Die Sportfotografie ist ein sehr spannendes Feld! Warum? Weil es eine Menge Action gibt und viele ikonische Bilder entstanden sind! Aber es ist auch ein frustrierendes Genre. Warum? Weil man das geilste Foto ever schießen kann und zum Schluss ein langweiliges, aber sportgeschichtlich interessantes Geschehen stattfand und die Medien nur dieses Foto zeigen wollen. Mein Lieblingsbeispiel ist aus der Welt des Fußballs:
Glück
Am 22.09.2015 lagen die Bayern 0-1 gegen Wolfsburg hinten. Dann passierte das Unfassbare: Robert Lewandowski wurde eingewechselt und fertige den VfL in unter 9min dermaßen ab, dass es krachte. 5 Tore! 5! In 9min. Sowas gab es noch nie. Er brach damit gleich 4 Weltrekorde.
An diesem Spieltag gab es bestimmt geniale, schwierige, wunderschöne Sportfotos von anderen Bundesligaspielen, gar anderen Sportarten. Aber welche Fotos waren die kommenden Wochen am beliebtesten? Natürlich die Fotos rund um das Lewandowski-Spektakel. Ziemlich simple, einfach zu fotografierende Fotos. Beispielsweise dieses hier (Lewandowski hebt die Hand hoch um die auf die fünf Tore anzuspielen).
Solch ein Foto wird normalerweise fast schon gelöscht, weil es so langweilig ist. Aber was soll man machen als Bildredakteur? Irgendwie muss man den Wahnsinn ja bebildern. Also nimmt man solch ein „langweiliges“ Bild!
Noch schlimmer wird es für alle Fotografen, die an diesem Tag ein richtig gutes Bild geschossen haben, wenn die Bildredaktionen sich für dieses Foto entscheiden:
Langweiliger, einfacher und stumpfer kann man eigentlich gar nicht fotografieren. Und dennoch ist es ein gutes Foto für die Illustration dieses Spektakels. Hier kann man sich das ganze auf Video ansehen:
Warum ich das alles schreibe? Um deutlich zu machen: Sportfotografie ist hauptsächlich Glücksache. Ohne Glück geht es nicht. Definitiv nicht. Aaaber jetzt kommt’s wenn das Glück kommt, muss man als Fotograf*in vorbereitet sein und die Chance ergreifen und alles auskosten. Sportfotografie ist eine Technikschlacht. Ohne schnellen Autofokus, gute Objektive mit viel Lichtstärke und Fotos mit Serienbilderfunktion wird es schwierig. Richtig schwierig.
Im Workshop haben wir uns daher auf 3 Punkte fokussiert und noch etwas gespielt 😉
Punkt 1
Autofokus! Welche Einstellungen muss man vornehmen?
Damit ein ein Foto scharf wird, muss man flott fokussieren. Dazu eignet sich die Fokus-Mitführung. Die Kamera soll also dauerhaft scharfstellen, solange man den Auslöser halb durchdrückt. Die Sportfotografie nutzt daher fast ausschließlich AF-C (Canon nennt es Ai Servo). Hier der Unterschied in Bildern festgehalten:
Das obere ist für die Sportfotografie gut geeignet, weil es immer mitführt. Also AF-C. Das untere Beispiel zeigt, dass die AF-S (Canon AF One Shot) nicht so gut geeignet ist):
Mit dem Autofokus muss man halt etwas üben. Ist schon tricky. Ähnlich wie beim Erlernen eines Instrumentes: Finger-Augenkoordination ist gefragt. Der Autofokus kennt aber noch viele weitere Einstellungen. Das ist eher was für die Fortgeschrittenen unter uns. Es gibt beispielsweise das AF-C 3D Tracking:
Dabei verfolgt die Kamera das Motiv durch den Sucher und stellt nicht plump in der Mitte scharf. Das Problem beim Fußball ist, dass immer mal wieder ein Gegenspieler ins Bild läuft und die Kamera dann auf die Rückennummer des Gegenspielers scharf stellt. Dabei wollen wir doch den Ballführenden mit seinem Gesicht scharfgestellt haben. Um das zu umgehen kann man die Fokus-Einzelfeld-Auswahl nehmen und wenn man noch mehr Comfort haben möchte, bietet sich das 3D Tracking an. Dann führt die Kamera die Einzelfelder selbstständig nach. Nicht jede Kamera hat diese Funktion, nicht jede Kamera kann diese Funktion gleich gut umsetzen.
Fazit: Für den Anfang reicht es vollkommen aus, die Kamera auf AF-C und Einzelfeld einzustellen. Genaueres jeweils im Handbuch.
Profi-Extra-Tipps: Nikon bietet, wie bestimmt auch andere Hersteller, einen Gruppen-Autofokus-Modus an. Der kann bei Einzelsportarten sehr hilfreich sein. Einfach mal ansehen 😉 Auch die Punkte „Auslösepriorität vs. Schärfepriorität“ und Schärfenachführung-Lock sind gute und wichtige Feintuning-Aspekte. Aber für den Anfang nicht so wichtig.
Punkt 2
Wann löse ich aus?
Am besten ein bisschen vorher als gedacht und im Serienbildmodus drauf halten. Dann findet sich der richtige Moment ganz bestimmt 😉 Im Workshop haben wir das paar Mal geübt und schnell haben alle den richtigen Punkt gefunden. Serienbilder sind eine große Hilfe. Daher haben Sportfotografen meistens Kameras die das gut können (hier: die 7000€ UVP Canon):
Punkt 3
Verschlusszeit
Mit der Verschlusszeit kann man den Bildlook bestimmen. Lange Verschlusszeiten geben dem Bild etwas Künstlerisches oder betonen die Geschwindigkeiten/Dynamik des Sports. Kurze Verschlusszeiten frieren die Action ein. Hier mal ein paar Beispielfotos:
Auf diesem Foto ist der Flug der beiden Sportler wie eingefroren und nichts ist verschwommen. Verschlusszeit lag hier vermutlich bei einer 1/1000s oder kürzer:
Dieses Foto zeigt die Geschwindigkeit gut – die Verschlusszeit lag hier vermutlich bei einer 1/250s-1/125s:
Sportfotografie ist aber mehr als Sportler*innen im Wettkampf
Auch diese Fotos sind Teil der Sportfotografie und teils mind. genauso wichtig:
Hier ein Foto vom Unfallwagen des Ayrton Senna, der an den Folgen des Unfalls im Klinikum verstarb:
Dieses Foto war auch sehr wichtig:
Tommie Smith und John Carlos erhoben Ihre Fäuste als Zeichen gegen den schlimmen Rassimus auf der Siegertreppe der olympischen Spiele 1968. Ikonisches Foto. Bis heute ist es eines DER Sportfotos. An der Uni-Freiburg gibt es immer wieder Verkäufe von Postern: Dieses Foto ist immer dabei. Neben dem Foto von den Handwerkern auf dem Stahlträger in luftiger Höhe, dem Einstein-Portrait, der Tower-Bridge aus London etc.
Spielerei
Zum Schluss des Workshops haben wir noch etwas gespielt. Man stelle eine Belichtungszeit von 3s, ISO 400 und Blende f8 ein. Das ergibt in der Dunkelheit ein nahezu komplett dunkles Bild. Als Zusatz nimmt man noch einen Blitz und feuert diesen in den drei Sekunden mehrmals ab. Dann entstehen solche Fotos (Danke Andreas für die Fotos!)
Fotos von Michelle: